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Naturgeräusche sammeln: Den Bäumen zuhören

DAS MAGAZIN VON NEUROTH

FRÜHLINGSSERIE – TEIL 1

Den Bäumen zuhören

Autor*in

Werner Schandor - Gastautor

Werner Schandor

Autor

21.03.2019

Der Amerikaner Gordon Hempton sammelt Naturgeräusche. Mit Mikrofon, Kopfhörer und Aufnahmegerät sucht er Plätze auf, die frei von menschengemachtem Lärm sind. Wälder gehören zu seinen bevorzugten Hör-Orten. Teil eins unserer Frühlingsserie „Klänge der Natur“. 

Was liegt näher, als am „Tag des Waldes“ einen Spaziergang in die Natur zu unternehmen und den Klängen der Bäume zu lauschen? Man kann den Wind durch die Äste rauschen hören und vernimmt vielleicht das Zwitschern, Pfeifen und Tirilieren von Singvögeln im Geäst oder die Rufe von Falken und Bussarden, die über den Baumwipfeln ihre Kreise ziehen. Oder, falls es nass ist, hört man vielleicht, wie Tropfen durch das Blätterwerk im Unterholz brechen. „Hören ist etwas Schwieriges“, sagt der Amerikaner Gordon Hempton. „Es bedeutet, alle Geräusche in sich aufnehmen, ohne zu bewerten. Daher höre ich nicht speziell auf bestimmte Klänge, sondern ich höre einfach einem Ort zu.“

Der Klangsammler

Gordon Hempton hat aus seiner Liebe zu den Klängen der Natur einen Beruf gemacht. Seit Anfang der 1980er-Jahre ist er rund um den Globus mit Mikrofon und Aufnahmegerät im Freien unterwegs, um Geräusche einzufangen. 1992 wurde er für eine Fernsehdoku mit einer Emmy – dem „Oscar“ der Fernsehwelt – ausgezeichnet. Seither ist Hempton ein äusserst begehrter Sammler von Naturklängen: Filmfirmen, IT-Giganten und Medienhäuser gehören zu den Abnehmern seiner sorgsam produzierten Tonkonserven. In Büchern, Artikeln und Interviews tritt Hempton dafür ein, dass wir uns auf der Welt lärmfreie Orte bewusst erhalten. „Die Auslöschung von stillen Plätzen nimmt epidemische Ausmasse an“, sagt der „Akustik-Ökologe“ in einem Kurzfilm, den National Geographic 2017 über ihn gemacht hat.

Auch unseren Spaziergang am „Tag des Waldes“ werden wir vermutlich nicht frei von Lärmerfahrungen absolvieren können: Aufheulende Motorsägen, Traktoren auf Forstwegen, Flugzeuge hoch am Himmel und Autos von der nächsten Strasse gehören zum gewohnten Klangbild eines Waldspaziergangs in Mitteleuropa. Wenn wir Glück haben, können wir die Ruhe des Waldes zumindest eine Zeit lang geniessen.

Natur ist Musik

Um zur Stille zu finden, sucht Gordon Hempton abgelegene Flecken auf. „Diese Orte erinnern mich daran, was für ein Geschenk es ist, zu leben – hier und heute.“ Auf der Homepage www.soundtracker.comkann man in das Hör-Universum des Klangsammlers eintauchen. Zum Beispiel in die urige Klangkulisse des Regenwalds beim Rio Zabalo, einem Zufluss des Amazonas in Ecuador. Oder in die Waldgeräusche von Hemptons Lieblingsplatz, dem „Square-Inch der Stille“ im Hoh-Regenwald im Nordwesten der USA. Hier hat der Amerikaner eine münzgrösse Stelle im Moos markiert, von wo aus im Umkreis von 30 Kilometern nichts als Natur zu vernehmen ist. Wie die Welt von diesem Platz aus klingt, lässt sich auf der Homepage www.onesquareinch.org nachhören: Regen rauscht durch das Blätterdach, Froschquaken hallt durch den Wald, unterbrochen von schrillen Vogelrufen; Käfer, Fliegen und Grillen summen und zirpen. „Die Natur kommuniziert genauso aktiv wie wir Menschen“, ist Hempton überzeugt.

Aber nicht nur Wälder als Ganzes, auch Bäume im Einzelnen haben es dem Mann mit dem ausgeprägten Hör-Sinn angetan. In seiner Klangsammlung befinden sich viele Aufnahmen, die er vom Zusammenspiel von Wind und Wellen mit entwurzelten, vom Hoh-Fluss an die Pazifikküste geschwemmten Baumstämmen gemacht hat. Gordon Hempton nennt das „die grösste Geige der Welt“. Für ihn gilt: „Natur ist Musik. Das muss man gar nicht theoretisch abhandeln. Ich sage nur: Hört hin!“

Der zweite Teil unserer Frühlingsserie „Klänge der Natur“ folgt am kommenden Mittwoch, dem 27.3.2019.

Den Geräuschen auf der Spur

Gordon Hempton (Credit: www.soundtracker.com)

Mikrofon und Aufnahmegerät sind seine Arbeitswerkzeuge: Seit den 1980er-Jahren ist Gordon Hempton den Klängen der Natur auf der Spur.

Waldbach

Wälder auf der ganzen Welt üben eine ganz besondere Faszination auf den US-Amerikaner aus – er geniesst vor allem die Stille.

Gordon Hempton (Credit: www.soundtracker.com)

Unberührte Landschaften und unverfälschte Geräusche, die noch niemand gehört hat – das ist es, was der akustische Ökologe sucht. Bis heute beliefert er Filmfirmen, Verlage und Museen in aller Welt.

#savequiet

Als Mitbegründer von „Quiet Parks International“ setzt sich Gordon Hempton für die Errichtung von akustischen Schutzgebieten ein, die vor menschengemachtem Lärm bewahrt werden sollen.

Auf der Homepage der Organisation werden der deutsche Nationalpark Eifel in Nordrhein-Westfalen und der Nationalpark Kalkalpen in Oberösterreich als Kandidaten für „Quiet Parks“ im deutschsprachigen Raum gelistet.

Weitere Informationen: https://www.quietparks.org/

Naturgeräusche-Sammler Gordon Hempton (Credit: www.soundtracker.com)

„Stille ist die Denkfabrik der Seele.“ (Gordon Hempton)

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