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Hearo: Von Hörgeräteträger zu Hörgeräteträger

Besser leben - das Magazin

TEIL 1 DER SERIE "HEARO – HELDEN DES HÖRENS"

Wenn Hörgeräte doppelt helfen

Autor*in

Isabella Zick

Isabella Zick

Neuroth

08.11.2019

„Wie hören Sie eigentlich?“ Das fragt man Benjamin Knoth oft. Nicht nur, weil er Hörakustiker bei Neuroth ist, sondern weil er auch selbst Hörgeräte trägt. Teil 1 unserer neuen Porträt-Serie „Hearo – Helden des Hörens“, in der wir Mitarbeiter und Kunden von Neuroth mit einer besonderen Hörgeschichte vor den Vorhang bitten.

Seit seinem vierten Lebensjahr hat Benjamin Knoth Hörgeräte – wie sein Vater und seine Schwester. Im Gegensatz zu den beiden hat Benjamin seine Hörgeräte aber schon immer sehr gerne und von morgens bis abends getragen. „Ich wurde zwar als Kind auch ab und zu deswegen gehänselt, habe aber deswegen die Hörgeräte nicht als Hindernis gesehen. Die Hörgeräte waren meine Chance, aktiv am Leben teilzunehmen“, erzählt der junge Hörakustiker, der das Neuroth-Hörcenter in Baden in der Schweiz leitet, heute, „so konnte ich trotz meiner hochgradigen Hörminderung auf eine ganz normale Schule gehen.“

Schnell wurde Benjamin klar, dass er durch die Hörgeräte sogar Vorteile gegenüber anderen Schulkollegen hatte. Während die anderen den Lehrern lauschen mussten, hörte er heimlich Musik über seine Hörgeräte. Lachend erinnert sich Benjamin an diese Stunden: „Keiner der Lehrer hat bemerkt, dass ich Musik höre. Nur meine Kollegen haben gesehen, dass mein Kopf zur Musik wippt und waren ganz neidisch auf mich.“

Von den Augen zu den Ohren

Nach der Schule wurde es Zeit für die Ausbildung und da er selbst Brillenträger ist, entschied sich Benjamin für die Lehre zum Augenoptiker. Nach den vier Jahren Ausbildung wollte er noch mehr lernen und überlegte, einen Bachelor in Augenoptik zu machen. „Ich bin ein Mensch, der nicht einfach stehenbleiben kann und immer etwas Neues lernen möchte“, sagt Benjamin. Seine Ausbildende schlägt ihm schließlich eine Akustiker-Lehre anstatt des Bachelorstudiums vor. Das hat ihn sofort interessiert. Der intensive Kundenkontakt und die Beratung plus Einkauf und Verkauf machten für Benjamin genau die abwechslungsreiche Arbeit aus, nach der er suchte.

Heute schätzt er vor allem, dass er durch seine Arbeit als Hörakustiker, Menschen zu mehr Lebensqualität verhelfen kann. „Studien zeigen ja, dass gutes Hören Beziehungen und die Stimmung verbessert“, erklärt Benjamin, „als Akustiker sieht man sofort, was die Arbeit den Kunden an Lebensqualität bringt.“

Beratung von und für Hörgeräteträger

Als Hörgeräteträger in einem Hörcenter zu arbeiten, hört sich anfangs vielleicht ein bisschen komisch an, entpuppte sich für Benjamin aber als ein echter Jackpot: „Meine Hörgeräte helfen mir in meinem Beruf. Ich teste alle drei bis sechs Monate die neuesten Geräte aus, damit ich meine Kunden ideal beraten kann.“ Das kann Benjamin wohl so schnell keiner nachmachen. Genauso wenig wie sein Verständnis für die Probleme seiner Kunden und die hohen Erwartungen an ihre Hörgeräte. „Ich möchte nicht behaupten, dass ich aufgrund meiner Hörgeräte die Kunden besser verstehe. Das wäre hochnäsig“, betont Benjamin, „ich habe nur einen anderen Blick auf die Dinge.“

Als Akustiker mit Hörgeräten gibt es laut Benjamin zu 99 % Vorteile. Der einzige Nachteil: Er kann keine Hörsysteme abhören. Beim Hörcheck nach Fehlern wird er deshalb von seinen Kollegen unterstützt. Die sind übrigens auch sehr begeistert von der Vorstellung, Hörgeräte zu tragen. „Mittlerweile wollen meine Kollegen auch Hörgeräte tragen, denn für mich ist es nie zu laut, beim Schlafen ist es still und einen Gehörschutz brauche ich auch nicht“, erzählt Benjamin lachend, „man muss eben die Vorteile sehen!“

Natürlich hat Benjamin mit dem Abschluss als Akustiker und als Leiter des Hörcenters in Baden noch nicht genug und strebt derzeit – getreu seinem Motto „Nicht stehen bleiben!“ – den Beruf des Kinderakustikers an. Bei einem Praktikum in Gossau kam es hierbei zu einem ganz besonderen Erlebnis: Benjamin hat eine Mutter und ihr Kleinkind betreut. Der kleine Bub hat Trisomie-21 und eine mittlere Hörminderung. Durch das geminderte Gehör hat sich die Entwicklung der Sprache bereits etwas verzögert. Eine Woche, nachdem der angehende Kinderakustiker die Hörgeräte für den Kleinen angepasst hat, kommt die Mutter wieder ins Hörcenter: „Sie hat erzählt, dass er durch die Hörgeräte viel besser reagiert und aktiver redet. In der kurzen Zeit hat er sogar schon neue Worte gelernt. Das war ein echtes Wow-Erlebnis für mich!“

Der (Alb-)Traum von einem „normalen“ Gehör

Menschen ihr Gehör zurückzugeben, treibt Benjamin an. „In der Ausbildung ist mir ein Zitat von Emmanuel Kant besonders in Erinnerung geblieben: Nicht sehen können trennt von den Dingen, nicht hören können von den Menschen“, sagt der Schweizer. Das Zitat treffe auf ihn zu, denn ohne die Hörgeräte hätte er keinen Zugang zur Außenwelt. „Ich hätte kein Selbstvertrauen und würde zurückgezogen leben. Ich möchte kein Leben ohne Hörsystem!“

Oft fragen ihn Kollegen oder Kunden, ob er nicht viel lieber ein „normales“ Gehör hätte. Doch das wünscht sich Benjamin auf keinen Fall. Die Hörgeräte gehören zu ihm und machen ihn auch ein bisschen aus. Er träumt nicht von einem normalen Gehör – denn: Was ist schon normal? „Das Gehör ist so komplex und schwer in Worte zu fassen. Man kann es nicht so einfach erklären und schon gar nicht für alle Menschen verallgemeinern. Ich mag mein Gehör – für mich ist es normal!“

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